Eröffnung der Gedenkstätte Stille Helden am neuen Standort

Ab dem 14. Februar 2018 präsentiert die Gedenkstätte Stille Helden am neuen Standort in der Stauffenbergstraße 13-14, 10785 Berlin-Mitte die erweiterte und grundlegend neugestaltete Dauerausstellung "Widerstand gegen die Judenverfolgung 1933 bis 1945".

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"Batterien für die Wehrmacht" verlängert bis auf Weiteres

Vortrag in Hamburg, 15. Juli 2016

Am Freitag, 15. Juli 2016 um 18 Uhr stelle ich beim Einstellungsraum e.V. die Ausstellung Batterien für die Wehrmacht vor. Der Vortrag ist Teil einer Veranstaltung mit dem Titel MENSCH - SPANNUNG - VORRAT - VORSICHT

Zum Gedenken an Piet de Ruiter (1924-2016)

Am 12. Mai 2016 starb der Niederländer Piet de Ruiter im Alter von 92 Jahren. Als junger Mann leistete er zweieinhalb Jahre lang Zwangsarbeit in der Akkumulatorenfabrik AG in Hannover. Die Darstellung seiner Lebensgeschichte ist Teil der im November 2015 eröffneten Ausstellung „Batterien für die Wehrmacht“, die noch bis 20. November 2016 im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit zu sehen ist.

 

Piet de Ruiter wurde am 28. Februar 1924 im niederländischen Groningen geboren. Im Alter von 14 Jahren begann Piet de Ruiter, sich im Jugendverband JVO (Jeugdbond voor Onthouding) zu engagieren. Er besuchte die Mittelschule und arbeitete anschließend als Büroangestellter in einem Geschäft für Sanitärartikel.

 

Im Mai 1940 besetzten deutsche Truppen die Niederlande. In der Folge mussten bis zu 500.000 Niederländer Zwangsarbeit leisten. Im Dezember 1942 erhielt Piet de Ruiter eine Vorladung zum Arbeitsamt. Er wurde gemustert und zur Zwangsarbeit in Hannover verpflichtet. Er arbeitete in der zur Quandt-Gruppe gehörenden Akkumulatorenfabrik (genannt „Akku“ oder offiziell AFA), in der Bleiakkumulatoren für U-Boote und die Fernrakete V2 gefertigt wurden. Untergebracht war er in dem neben der Fabrik gelegenen Zivilarbeiterlager Stöckener Straße, gleich nebenan befand sich ein Außenlager des KZ Neuengamme, dessen Häftlinge auch bei der AFA arbeiten mussten. Piet de Ruiter arbeitete in der Abteilung „Formation“, seine Aufgabe war es, heruntergefallene Akkuplatten aus einem Säurebad zu fischen.

 

Vom ersten bis zum letzten Tag führte Piet de Ruiter im Lager Tagebuch. Minutiös führte er Buch über seinen Alltag, er berichtete über die ungesunde und gefährliche Arbeit, Hunger, Luftangriffe, aber auch über Freizeitaktivitäten und befreundete Zwangsarbeiterinnen aus Polen und der Sowjetunion. Am 25. März 1944 schickten seine Eltern ihm eine Kodak-Fotokamera, und er fing an, seine Kameraden, das Lager und andere Zwangsarbeiter zu fotografieren. Er dokumentierte den Alltag im Lager und wurde so zu einer Art „Lagerfotograf“. Im Lager sprach sich das schnell herum und er begann, Auftragsportraits zu machen. Unter den fast 300 Fotos, die erhalten geblieben sind, gibt es auch viele Portraits von Ostarbeiterinnen, die diese Fotos an ihre Familien schicken wollten.

 

Anfang April 1945 erreichten amerikanische Truppen das Lager und befreiten die Zwangsarbeiter. Einige Wochen später gelang es Piet de Ruiter, teils mit dem Zug, teils mit einem geliehenen Fahrrad, nach Groningen zurückzukehren. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst wieder bei seinem alten Arbeitgeber, dann machte er eine Ausbildung als Verwaltungsbeamter und arbeitete später als Gerichtssekretär. Er heiratete und bekam mit seiner Frau drei Kinder.

 

Vor einigen Jahren fingen seine beiden Söhne, seine Tochter und seine Schwiegertochter an, sich intensiv mit seiner einzigartigen Sammlung von Fotos, Tagebüchern und Briefen zu befassen. Sie stellten auch den Kontakt zum Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit her und beschlossen schließlich, das Material in einem Buch zu veröffentlichen.

 

Im November 2015 reiste Piet de Ruiter noch einmal nach Deutschland. Mit seiner Familie nahm er an der Eröffnung der Ausstellung „Batterien für die Wehrmacht“ teil, in der neben seinen Fotos auch Auszüge aus seinem Tagebuch und ein Ausschnitt eines Videointerviews zu sehen sind. Durch Piet de Ruiters Geschichte erhalten wir detaillierte Informationen über die Entstehung privater Erinnerungsfotos aus den Lagern, von denen zwar viele erhalten geblieben sind, aber deren Entstehungsgeschichte meist nicht bekannt ist.

 

Im April 2016 durfte Piet de Ruiter noch die Präsentation seines Buches Dwangarbeider 3257. 2,5 jaar Arbeitseinsatz 1943 – 1945 in Groningen erleben. Neben seinem Tagebuch sind darin zahlreiche Fotos, Dokumente und Briefe aus dem Lager veröffentlicht. In der Zeitung erschien ein vierseitiger Artikel über ihn und sein Buch. Nur wenige Wochen nach diesem für ihn so wichtigen Tag starb Piet de Ruiter nach kurzer schwerer Krankheit in seiner Heimatstadt Groningen. Ich bin ihm außerordentlich dankbar, dass er seine Geschichte so bereitwillig mit uns geteilt hat. Mein Dank gilt auch der Familie für ihre großartige Unterstützung und Herzlichkeit.

Piet de Ruiter mit seinen Söhnen im Januar 2015

© Uta Fröhlich

 

Piet de Ruiters Biografie in der Ausstellung "Batterien für die Wehrmacht"

© Uta Fröhlich

 

 Piet de Ruiter (2. v. l.) im AFA-Lager

Stöckener Straße, um 1943

© Familie de Ruiter

 

Piet de Ruiter (2. v. l.) mit "Ostarbeiterinnen" im AFA-Lager, um 1943

© Familie de Ruiter

 

Mit der Familie bei der Eröffnung der Ausstellung "Batterien für die Wehrmacht", November 2015

© Eva Kuby

 


Jetzt in der rbb-Mediathek:

Während der Vorbereitung unser Ausstellung Batterien für die Wehrmacht bekamen meine Kollegin Isabel Panek und ich Besuch vom rbb. Für die letzte Folge der Serie Ein Sommer an der Spree filmten sie uns bei der Arbeit und fuhren mit uns zur ehemaligen Pertrix-Fabrik.

Die Folge wurde 19. Mai um 20:15 im rbb ausgestrahlt und ist ab sofort in der Mediathek zu sehen.

Und zwar hier...